Freitag, 16. April 2010

Blickwinkel

In wenigen Tagen werde ich meine Heimreise antreten und meine Abschiedsstimmung waechst von Tag zu Tag.
Vor zwei Wochen bin ich gemeinsam mit drei anderen Volontaeren in den Sueden Nepals gereist und war dort im Chitwan Nationalpark. Dort kontten wir eine Dschungelwanderung machen, traditionelles Kanu fahren und auf einem Elefanten reiten. Wir konnten auch erfahren, was Tourist Business bedeutet, vorallem beim "Cultural Programm": Auf einer eigens zu diesem Zweck gebauten Buehne tanzten Abend fuer Abend junge Maenner aus dem Dorf und zeigten traditionelle Taenze aus dem Volk der Tharu und ein Publikum von ca. 200 Toristen schaute ihnen dabei zu. Wie traditionell die Taenze wirklich waren weiss ich nicht. Vielleicht ist es auch gut, dass so etwas mit den jungen Maennern eingeuebt wird und sie ein wenig Geld bekommen. Aber ich habe mich nicht wohl gefuehlt als ich diese Show sah.

Als wir zurueck in Kathmandu waren, hatten gerade die Schulferien begonnen und so hatte ich auch keine Arbeit in der Schule. Ich habe dann die anderen Volontaere, die im Zentrum arbeiten, bei zwei groesseren Aktionen unterstuetzt: Wir haben ueber 1000 Ostereier gefaerbt und haben fuer eine grosse Gruppe Shanti-Menschen einen Ausflug in den Zoo organisiert.

Nachdem ich den ganzen Maerz ueber wirklich hier war und mein Leben in Deutschland in immer weitere Ferne gerueckt war, merke ich in den letzten Tagen immer deutlicher, wie ich mich langsam von diesem Land loese und dass es Zeit zu gehen ist.
Das einzige was mich hier haelt sind meine Freunde hier. Aber was Nepal angeht habe ich genug. Ich habe das Gefuehl satt zu sein.

Ich freue mich auf Deutschland, meine Heimat. Auch wenn ich weiss, dass ich - wie nach jeder groesseren Reise - zu einem neuen Standpunkt finden muss gegenueber meiner Kultur und der Gesellschaft, in der ich aufgewachsen bin, jetzt da ich sie aus der Distanz erleben konnte. Ich weiss, dass das vielleicht ersteinmal schwierig sein wird.
Aber es wird darauf ankommen, worauf ich meinen Blick richte. Ich werde einigem sicherlich kritisch gegenueberstehen, aber ich weiss auch jetzt schon dass ich fuer vieles sehr dankbar bin, was mir meine Kultur und Gesellschaft ermoeglicht haben: Ich konnte zur Schule gehen, ich kann aus einem riesigen europaeischen Pool an Wissen und Kultur schoepfen, mein Denken darf frei sein, ich kann heiraten wenn und wen ich moechte, muss aber nicht, ich kann zu meiner Aerztin gehen, wenn es mir schlecht geht, ich habe mehrere Wasserhaehne in meiner Wohnung, aus denen sauberes, trinkbares Wasser fliesst, ich kann Arbeit finden und reisen wenn ich genug Geld verdient habe...

Es wird auf meinen Blickwinkel ankommen.